Sonntag, 4. Dezember 2016

Frohe Weinachten!

Irgendwie endet dieses Jahr verrückt (im Sinne von verdreht): Ein Egomane wird von einem (fast) halben Volk zum Präsidenten gewählt, ein Diktator möchte Europäer werden (oder wenigstens an dessen Fleischtöpfen sitzen), und der Winter kommt schon im November vorbei. Gut - im Unterschied zu manchen Landstrichen in Deutschland hat es in Irland noch nicht geschneit. Aber Minustemperaturen haben wir uns unseren Vogelbädérn ebenfalls bereits beobachten können. Ob es mit ersteren oder (mit den damit verbundenen vielen Sonnenstunden) letzterem zusammenhängt, dass noch keine richtige Adventsstimmung aufkommen mag? - Klar, das Lichterketten-Aufhäng-Geschäft und die seit September zu erstehenden Spekulatius bleiben davon unbeeindruckt. Aber, huch, der erste Advent lief gleichsam unbemerkt an uns vorbei!
Trotzdem freuen wir uns nach dem anstrengenden Umzug an den langen Winterabenden. 
Das einzige Mal, dass wir Hilfe brauchten
Unser neues Zuhause ist gemütlich, und der Blick in den Sternenhimmel ist noch besser als der in Rossbrin. (Der bei Tageslicht zu genießende über den Horizont ohnehin!) Im Kamin knistert ein Feuerchen, Kerzen brennen, und die Fußbodenheizung rundet das wohlige Gefühl ab. Letzte Woche noch mussten wir über uns ergehen lassen, dass während des Umzugkarton-Packens die Handwerker alle Fenster und Türen in unserem vorigen Haus austauschten und das ohnehin Unbequeme noch ungemütlicher gestalteten. Doch jetzt können wir uns erst einmal zurücklehnen und verschnaufen. Bis wir uns dann auf das nächste Projekt konzentrieren...


Zur Zeit besteht eines darin, die Vorbereitungen für unseren Internet-Anschluss zu treffen. Weil wir zur Zeit ohne zurecht kommen müssen, gibt es dieses Mal auch keine Fotos; wir werden in den nächsten Tagen nachträglich welche einfügen ;-) Als wir am Freitag den Techniker unseres Internet-Anbieters zur Neukodierung am Haus hatten (für die nicht länger auf den Mount Gabriel, sondern auf einen anderen Berg gerichtete Antenne (noch etwas "Verdrehtes")), monierte er, dass der von Jens eilig aufgerichtete Pfahl mit der Antenne nicht fest genug stünde und das 30 Meter lange Kabel zum Haus nicht vor Nagetieren sicher sei. Also wieder los - zum Glück nicht wieder ganz bis Clonakilty, wo das Kabel zu beschaffen war; aber immerhin doch bis Skibbereen, um ein Rohr für das Kabel und Zement für den Pfahl zu kaufen. Dann noch ein Abstecher zum Steinbruch, denn vernünftigen Sand zum Anmischen bekommt man dort in kleinen Mengen umsonst. Und schließlich noch zu unserem Lager, um die notwendigen Werkzeuge zusammen zu stellen. Seit gestern steht nun der Pfahl, das Kabel ist Nagersicher verlegt... Jetzt fehlt nur noch der Techniker, um den Router zu programmieren. Und weil Wochenende ist, schreibt Jens diesen Text bei Julian und im Café "Budds", damit Ihr ihn heute lesen könnt.
Nicht viel Platz, aber gemütlich: Unser neues Zuhause

Hoffen wir also alle zusammen auf eine besinnliche, politisch ruhige und friedliche Weihnachtszeit und ein gesundes Neues Jahr!
Ein warmer Dezembertag lädt zum Öffnen der Türen ein

Sonntag, 6. November 2016

Wir ziehen um!


Nein, wir haben noch nicht unsere endgültige Bleibe. - Aber wir sind auf dem Weg dorthin. Halt! Bevor jemand in Jubelstürme ausbricht - noch ist nichts sicher. Und deswegen schreiben wir heute erst einmal über unsere nächste Zwischenstation.
Zwar ziehen wir im Dezember in ein wesentlich kleineres Haus, in dem wir noch nicht einmal unsere Möbel unterbringen können, aber immerhin können wir dann auf dem Weg zum neuen Domizil (Bildmitte) diesen Blick genießen:
Von unserem jetztigen Haus in Rossbrin sind es nur eineinhalb Kilometer bis Cappaghglass, wo wir wohnen werden. Der Hauptgrund für den Umzug: Im Winter ist unser Haus in Rossbrin ungemütlich und teuer zu heizen; Ende des letzten Winters haben wir deshalb beschlossen, nicht noch einen weiteren zu bleiben. Natürlich hatten wir dabei im Kopf, nun endlich unser eigenes Haus zu besitzen. Allerdings haben uns die Wirren um den Brexit dabei einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Immobilienmarkt war die meiste Zeit des Jahres über platt, ausgelaugt. Im Sommer haben wir dann das freundliche Angebot eines Bekannten angenommen, in sein Gästehaus einzuziehen - bis wir unser Traumhaus gefunden haben würden (zur Erinnerung: Das Haus in Rossbrin ist nicht nur zur Miete sondern auch zum Kauf angeboten - wir saßen sozusagen drei Jahre lang auf wackeligen Stühlen). Anstatt weiter mit dieser Unsicherheit zu leben, können wir uns in ein paar Wochen an einer Fußbodenheizung und dichten Fenstern erfreuen - und zahlen nur etwa die Hälfte der bisherigen Miete.
Jetzt sind wir dabei, unser Habe auf verschiedene Orte zu verteilen; in einem nahen Lager stehen bereits die ersten Regale mit Werkzeugen und Baumaterialen. Einen Teil der Möbel lagern wir bei unserem Freund Julian ein, Teppiche und Boots-Matratzen kommen bei Rui und Anke unter. Der Rest wird verschenkt oder verkauft. Es ist doch immer wieder erstaunlich, was man über die Jahre so alles ansammelt!
Panorama von Süden nach Nordwesten
Panorama von Osten nach Südwesten
Auf den Fotos oben seht Ihr unsere geliebte Bucht von Rossbrin, die also weiterhin nicht weit sein wird. Und von hier aus nutzen wir immer noch das herrlich trockene (sic!) Wetter und segeln mit der Godenwind, die an ihrem Liegeplatz unterhalb der Burgruine schon so manchen Sommersturm schadlos überstanden hat.
 Castle Island vor dem wolkenverhangenen Mount Gabriel
Eines noch: Seitdem wir in Rossbrin wohnen, geht unsere Post an die Adresse 2 Rossbrin, Schull, County Cork. Obwohl wir jetzt umziehen und unser für Cappaghglass zuständiges Post Office das von Ballydehob sein wird, behalten wir die alte Postadresse zunächst bei. Das heißt, ihr könnt Eure Postkarten weiterhin nach Rossbrin schicken.


P.S. Das nächste Mal werden wir Euch erzählen, warum wir jetzt unter die Bäumepflanzer und Heckenpfleger gegangen sind...

Sonntag, 2. Oktober 2016

Später Sommer


Liebe Blog-Gemeinde, habt Ihr uns vermisst? - Entschuldigung, wir waren mal eine Weile weg. 
Einige von Euch haben wir ja in Hamburg gesehen, den Anderen können wir nur sagen: Wir beneideten Euch um den Teil des Septembers, den wir nicht in Deutschland erleben durften. Andererseits: Ist es nicht abartig, dass der September auf dem nordeuropäischen Kontinent mit Temperaturen über 30 Grad aufwartete (und das nicht nur ein oder zwei Tage), der eigentliche Sommer hingegen nicht der Rede wert war? - Für Irland gilt dieses übrigens nicht; wir hatten einen durchschnittlichen Sommer. Heißt: Nutze jede sonnige Stunde - es könnte für Tage die letzte gewesen sein! Klingt schlimm, ist es aber nicht. Erstens gewöhnt man sich daran (wenn man es als Segler nicht ohnehin schon getan hat). Zweitens sind dadurch die sonnigen Momente um so schöner. Und drittens muss man sich keine überflüssigen Sorgen machen: Wir das Trinkwasser ausreichen? Habe ich genügend Sonnencreme aufgetragen und Nachschub dabei? Muss ich meinen Arzt wegen möglicher Kreislaufprobleme befragen? - Alles unnötig. Das wichtigste, woran wir immer denken, ist die Kamera. Und so können wir - mangels frischer Themen - mal wieder einfach ein paar Fotos präsentieren. Viel Freude daran!

Unser kleiner Guerilla-Garden
Anstoßen auf die erste Übernachtung auf der Godenwind - mit Sherry aus einer Muschelschale
Auch die Reiher wissen: Im Fischladen gibt's Fisch.
Margeriten und Fingerhut satt
Seit 3 Jahren unsere Bleibe - nicht jedoch ein richtiges Zuhause.
Besucher des Konzertes von Luka Bloom
Ein perfekter Tag für den Surf-Anfänger
Rounders bei Tim und Sandra: Wird Sigi den Ball treffen?
Der Abendhimmel - fast jedes Mal faszinierend
Nebel überzieht Cape Clear Island.
Was ist denn das für einer?
Kühe im Nebel
Ein ganz normaler Sonnabend auf Schulls' Hauptstraße
Unser neuer Freund - denkt er jedenfalls
Rossbrin Cove - immer wieder einen Besuch wert
Auf See mit der Ette "Rockette"
Abendhimmel Rossbrin - geht es noch dramatischer?
Segeln auf der Long Island Bay

Sonntag, 7. August 2016

Heir Island, Cape Clear, Horse Ridge...


...alles Namen, die wir ganz allmählich in unseren seglerischen Erfahrungsschatz aufnehmen. Um die Insel Heir zum Beispiel sind wir nun schon so oft herum gesegelt, aber erst kürzlich waren wir das erste Mal an Land (wenn Jens von einem Kurzaufenthalt zu einer Regatta im letzten Sommer absieht).
Heir erinnert zum Teil an die dänischen Ostsee-Inseln: Heckenrosen und Kiefern, Sandstrände, Felder und Wiesen. Ein frischer Wind um kleine, freundlich helle Häuser. Wilde Blüten und der Geruch von frischem Seetang.



Auf der Insel gibt es außer Natur nicht viel zu sehen; zwei kleine Kunstgalerien gibt es, einen kleinen Laden an der Sommer-Segel-Schule. Dazu Ferienhäuser, die alte Volksschule und einen Acker, auf dem zu unchristlichsten Zeiten die ungetauften Totgeburten, Frühchen und Babies heimlich verscharrt wurden, die das Pech hatten, vor ihrem unverschuldeten Tod noch keinen (Festland-)Priester zu Gesicht bekommen zu haben. Grausame Sitten an einsamer Stätte.
Einsam ist die Insel nicht; fast in jeder Himmelsrichtung ist entweder eine andere Insel oder das Festland zu sehen. Trotzdem fühlt sich der sensible Besucher ein wenig verloren. Und steht bzw. sitzt er auf den Klippen im Nordwesten der Insel, freut er sich, wenn er nicht ganz allein ist.
Heir Island ist heute die Heimat von etwa 25 Menschen. Es waren einmal 400, die überwiegend vom Fischfang und den damit verbundenen Arbeiten lebten. Gegenwärtig wird kaum noch von der Insel aus gefischt, aber ein Bootsbauer lebt dort vom Bau und den Reparaturen der über die Grenzen West Corks bekannten Heir Island Sloops. Ansonsten kommen Touristen und buchen gerne im nur Mittwochs geöffneten Spezialitäten-Restaurant einen der wenigen begehrten Plätze am Tisch. Die wenigen Tagestouristen kommen und gehen meist unbemerkt...
Anders ist das auf Cape Clear, früher Clear Island genannt. Genauso wie Heir Island ist die Insel zweigeteilt; im Gegensatz zur ersteren ist Cape Clear jedoch sehr hoch, und der Einschnitt ("Waist" genannt) zwischen den beiden Inselhälften bildet neben einem Platz für die kürzeste Straßenverbindung zwischen Nord und Süd die beiden nach den Himmelsrichtung benannten Häfen. Im North Harbour waren wir schon ein paar Mal mit der Jolle, und einmal blieb es beim vergeblichen Versuch. Der Hafen ist unter Segeln nämlich schwer anzulaufen - durch die Verwirbelungen zwischen den hohen Klippen kommt der Wind von überall her, aber nie für längere Zeit aus der selben Richtung.
Beim letzten Mal jedoch haben wir es hinein geschafft und sind über Nacht geblieben. An einem Fischerboot festgemacht, konnten wir den Tidenhub von über drei Metern bequem ohne längere Leinen verschlafen.
Die knapp 20 Quadratkilometer große Cape Clear ist nach dem Aderlass der Famine heute  von immerhin hundert Menschen bewohnt und präsentiert sich als Gaeltacht, was sich schon am Hafen in Form von ausschließlich gälisch-sprachigen Schildern ausdrückt. Allerdings wird auch englisch gesprochen - kein Wunder bei der Menge von Touristen, die zum Beispiel auch das jährlich im August statt findende "Cape Clear Island International Storytelling Festival" besuchen. Die Insel ist der südlichste bewohnte Teil Irlands, und wohl auch deshalb für viele Besucher ein Magnet. Die Gegend um den Hafen herum ist immer sehr belebt, zwei Pubs profitieren davon reichlich - natürlich nur während der Saison. Im Winter kommt es vor, dass keiner der beiden Häfen anzulaufen und die Insel somit von der Außenwelt abgeschnitten ist.
Auf unseren Segeltouren durch die Carbery's Hundred Isles (so heißen die tatsächlich etwa hundert Inseln der Roaring Water sowie Long Island Bay) stehen wir oft vor der Frage, auf welchem Weg wir zurück in die Rossbrin Cove an unseren Liegeplatz kommen: Von Westen, mit Horse Island an Steuerbord? Oder von Osten, was sich insbesondere anbietet, wenn wir aus der Richtung Baltimore kommen. Dann gucken wir in den Tidenkalender, um nachzusehen, ob genug Wasser über dem Horse Ridge steht.
Horse Ridge bei extremen Niedrigwasser
Bei ruhigem Wetter trauen wir uns auch bei niedrigem Wasserstand über die Furt: Dann heben wir vielleicht das Schwert des Bootes an und gucken fasziniert auf den Grund, sehen die langen Fäden der Spaghetti-Algen im Strom stehen und die kabbeligen Wellen an der Stromkante, wo das Wasser aus der Tiefe auf den flachen Rücken trifft. Oder wir ziehen das Schwert durch den Algenwald und merken an den ruckartigen Bewegungen, wie das Boot sich hindurch arbeitet.
Vorige Woche jedoch - auf der Rückfahrt von Cape Clear - haben wir dort einfach einmal den Anker geworfen und für eine Stunde die Szenerie betrachtet. Außer einer Familie, die kurz nach uns dem Zauber des wellenumspülten Strandes erlag, gab es weiteren Besuch:
https://youtu.be/goQ05U6ZF7s
Der Hund am Strand macht uns als erstes aufmerksam; ob er zuerst die Seehunde bemerkt hat oder jene ihn, konnten wir nicht erkennen. Die Aufregung war auf beiden Seiten für einige Sekunden groß.
Nachdem die Tiere das Interesse an einander verloren haben, schwammen die Seehunde ihres Weges an der Godenwind vorbei um die Landzunge herum. Dorthin blickend, sahen wir Bewölkung von Süden aufkommen. Also würde sich das Wetter - wie vorhergesagt - rapide ändern. Wir setzen das Vorsegel, krochen die letzte Meile zu unserer Muringboje und trotteten in der Mittagshitze nach Hause. Und dann kam der Nebel, und der wärmste Sommertag hatte ein plötzliches Ende. Von See her hörten wir jede Minute das Nebelhorn des Fastnet Rocks...
Nebel über Cape Clear

Sonntag, 3. Juli 2016

Luka Bloom 

            in Ballydehob

Ab und zu kommt er einfach mal zu uns herunter gefahren... sagt er. Nein, die Rede ist nicht von irgendeinem höherem Wesen - es ist lediglich Luka Bloom, mit bürgerlichem Namen Kevin Barry Moore. Der Nachname kommt Euch bekannt vor? - Nicht von ungefähr. Sein Bruder ist der in Irland verehrte Christy Moore. Und so gab es am Abend des 17. Juni neben einem wundervollen Potpourri Luka's Lieder auch ein wenig Nachhilfe in Sachen Bruderliebe, irischer Humor und politisches Statement, was uns alle begeisterte. "Uns alle" waren die etwa 60 bis 70 Menschen, die in das Oktagon des Kulturzentrums An Sanctoir bequem hinein passen.
Es dauert ungefähr eine Stunde, bevor das Konzert tatsächlich beginnt. Enspannte Menschen sitzen draußen auf dem weitläufigen Rasen des Grundstückes oder drinnen auf bequemer Kissenlandschaft. Andere laben sich an Fingerfood oder selbstgebackenem Kuchen, der im Eingangsbereich verkauft wird. Nach der Eintrittskarte fragt keiner. Ein Fotograf fragt Jens, wo denn der Künstler zu finden sei. Jens antwortet: "That man in the white shirt sitting next to the entrance door." Der Journalist schüttelt den Kopf und meint, Christy Moore sähe doch ganz anders aus... Jens ist für einen Moment perplex, doch dann fällt ihm ein: "Well, then listen to the voice of that man sitting there. It's not Christy, but it's his brother - very similar isn't it." Der Fotograf versteht nicht, wendet sich dem nächsten zu, um die gleichen Fragen erneut zu stellen. Irgendwann wird er wohl jemandem Glauben schenken; auf jeden Fall wird er später seine ersehnten Fotos schießen und ein kurzes Gespräch mit Luka halten... Letzterer läßt sich jetzt ebenfalls auf einer Bank in der Sonne nieder, um mit einem der Besucher einen Schnack zu halten. Und das soll der Star de Abends sein?...
Verstaubte Stühle werden aus dem Schuppen heran transportiert, um den zahlreicher werdenden Gästen Platz zu bieten, draußen machen sich die ersten Stechmücken bemerkbarer - der perfekte Moment, um das Konzert zu beginnen. Wie es sich für ein echtes Konzert gehört (und wie Luka Bloom es auch in der Hamburger "Fabrik" macht), tritt eine mit ihm befreundete Künstlerin auf - dieses Mal die Liedermacherin Alyanya aus Ballydehob. Wir haben kein Foto oder eigenen Film zu bieten, aber dieses YouTube-Video https://youtu.be/OxjxVtUEKbM bietet ein schönes Beispiel ihrer wundervollen Musik.
Nachdem Alyany ihre sechs Songs beendet hat und den verdienten Beifall erhält, beginnt das Publikum wieder zu schnattern oder aus dem Raum heraus zu laufen. Es wird gegessen und getrunken, die Dämmerung taucht den Raum in ein mildes Licht. Luka hat es sich mit der Gitarre auf einem Stuhl bequem gemacht und klimpert ein wenig vor sich hin.
Dann geht das Geklimper in einer Melodie auf. Ganz allmählich wird das Publikum ruhiger, Luka steht auf, summt die Melodie und begrüßt uns mit einem fröhlichen "Hello"! - Entschuldigt bitte die Bildqualität - aber die Musik entschädigt hoffentlich https://youtu.be/0jqy1osoLXc
Im Verlauf des gut zweistündigen Konzerts greift Luka immer wieder biografische Begleiterscheinungen seines künstlerischen Schaffens auf. Die Schilderung der Telefongespräche mit seinem berühmten Bruder, der ihn bittet, eines seiner Lieder zunächst nachspielen zu dürfen, um dieses danach (nach weiteren Telefonaten) mehr und mehr bis zur Unkenntlichkeit und sogar Umbenennung zu ändern, ruft Lachsalven hervor; der Hintergrund zu seinem Song "Fertile Rock" über den Erhalt des Nationalpark Burren als einen heiligen Ort, der nicht dem Tourismus und seinen Bequemlichkeiten zum Opfer fallen soll; oder die Geschichte hinter "Isabelle", einem imaginären Mädchen aus dem Flandern des aufkommenden 1. Weltkrieges.
Als ein kleiner Junge den Raum verlassen will, spricht ihn Luka an: "Hey Fionn - jetzt nicht weglaufen, dieses Lied ist für Dich! Vorhin hast Du mich angesprochen, dass Du die Musik von meinem Bruder magst. Und jetzt spiele ich ein Lied, von dem Du bestimmt glaubst, dass es von ihm ist - weil er es immer spielt. Dabei ist es von mir. Also, halt Deine Blase an und hör zu!"

The City of Chicago

In the city of Chicago,
As the evening shadows fall,
There are people dreaming,
Of the hills of Donegal.

Eighteen-forty seven,
Was the year it all began,
Deadly pains of hunger,
Drove the people from the land.
They journeyed not for glory,
Their motive wasn't greed,
A voyage of survival,
Across the stormy sea.

To the city of Chicago,
As the evening shadows fall,
There are people dreaming,
Of the hills of Donegal.

Some of them knew fortune,
And some of them knew fame,
More of them knew hardship,
Died upon the plane.
They spread throughout the nation,
They rode the railroad cars,
Brought their songs and music, 
To ease their lonely hearts.

Ein weiterer Song handelt in sehr humoriger Art von Luka's Versuchen auf dem Surfbrett. Dazu passend Jens' erste Versuche auf eben solchem - letzte Woche https://www.dropbox.com/s/9tm3k5bbuxou16t/DSCN7163.MOV?dl=0
Übrigens: Luka spielte ohne Bezahlung; alle Einnahmen gingen an den Two Rivers Kindergarten!

Warum wir nicht über den Brexit schreiben? - Nun, irgendwie ist das Thema noch gar nicht richtig in Irland angekommen. OBWOHL: Man hört von vielen Briten, die sich um den Erwerb eines irischen Passes bewerben, Nordirland spaltet sich auf in England-Treue und Europa-Affine, das fallende Pfund wird Briten vom Kauf der Immobilien in unserer Gegend abhalten... aber das ist Politik. Damit möchten wir Euch und uns nicht den Sonntag verderben.

Samstag, 4. Juni 2016

Rhododendron, Weißdorn und Stechginster - Das Tal der Glenlough Mountains


Dieser vergangene Mai war in Südirland ein schöner. Dennoch: Alles in der Natur ging ein wenig langsamer vor sich; der lange Winter ist an manchen Tagen noch in den Knochen zu spüren. Und wenn der Wind auflebt, stellen wir Abends noch die Heizung an. Gesegelt haben wir aber auch schon, und einen wunderschönen Fahrrad/Kunst-Ausflug auf Sherkin Island gemacht - und ehrlich gesagt fiel dieses Mal die Entscheidung schwer, was wir zum Thema des Posts machen sollten: Das Baltimore Wooden Boat Festival war von ungewöhnlich gutem Wetter und wenig Wind geprägt. Ein Post hätte allerdings wenig mehr als zahlreiche Fotos zum Inhalt gehabt, weil wir beide 10 Stunden lang einfach nur auf der Jolle unterwegs waren, um den Tag voll auszukosten. Der erste richtige Sommertag muss einfach ausgenutzt werden :-)
Ein anderes Thema wären die Abschlußaustellungen einiger unserer Freunde auf Sherkin Island gewesen. Wir hatten vor zwei Jahren in einem Post bereits festgestellt, wie groß das künstlerische Potential der Studenten des VisualArt-Studiums in Verbindung mit der Dublin School of Creative Arts ist, und auch dieses Mal waren wir fasziniert. Vielleicht bringen wir davon etwas mehr zu einer anderen Gelegenheit. Hier nur ein Foto von den Farben des Wochenendes - Grün und Blau in allen Schattierungen:
Das dritte große Thema wäre das Schull Film Festival gewesen, in das Sigi mit Begeisterung eingetaucht ist; leider parallel zum Baltimore Wooden Boat Festival, aber auch schon in den Tagen vorher werden internationale Filme gezeigt, auch einige von Regisseuren aus dem County Cork. Der Schwerpunkt des Festivals liegt auf Kurzfilmen, aber auch längere Spielfilme und Dokumentationen sowie Podiumsdiskussionen und Workshops sind wesentlicher Bestandteil.
Wir haben uns für ein anderes Thema entschieden. Und weil das, was es zeigt, jeden Tag zu besuchen und zu betrachten ist - natürlich nicht immer so prächtig wie auf den folgenden Bildern... Aber zur Nachahmung auch dem ungeübten Wanderer empfohlen.

Das Tal östlich der Glenlough Mountains beherbergt in den mittleren Lagen neben den obligatorischen Stechginster-Büschen jede Menge wilder Rhododendren und als weiße Farbtupfer zwischen Gelb und Lila einige Weißdornbäume.
Obwohl die Gegend sehr dünn besiedelt ist und oberhalb der heute bewohnten Häuser keine Anzeichen von Zivilisation zu erahnen sind, ist der Weg hinauf offensichtlich angelegt worden. Trotzdem sind wir überrascht, als nach einer Viertelstunde unvermittelt ein zusammengestürztes Cottage mit Nebengebäuden auftaucht. Die Flächen darum herum sehen aus wie kürzlich sorgfältig mit dem Rasenmäher gemäht... tatsächlich sind es aber Schafe, die das satte Gras kurz halten.
Ein idyllischer Ort, an dem wir aber nur für eine kurze Rast verweilen. Wir sind keine erfahrenen Wanderer, und ab hier erwarten uns nur noch Tierpfade und offene Landschaft mit wenigen unterscheidbaren Landmarken zur Orientierung; sollte sich das Wetter plötzlich verschlechtern, sind wir noch nicht in Gefahr. Aber unangenehm kann es schon werden, zumal wir nicht für schlechtes Wetter ausgerüstet sind. Aber der Wetterbericht hatte nur die üblichen "odd showers" vermeldet. Heißt: Erwartet wird es nicht, dass es regnen wird - aber man kann ja nie wissen. Nun - es regnete nicht.
Eine weitere kurze Pause machen wir an einer der typischen Feldgrenzen aus aufgetürmten Steinen. Nur noch ab und an sehen wir ein kümmerliches Rhododendron-Pflänzchen; hier wachsen fast nur noch Gräser und kleinblütige Pflänzchen wie diese Veilchen-Arten.
Links von uns macht sich das Rauschen eines Baches bemerkbar - wir können nicht mehr weit weg von unserem Ziel, dem Lough Derreenadorodia sein. Denn von diesem See, der hinter einer flachen Kuppe verborgen liegt, wird der Bach gespeist. Nach ein paar Hundert Metern durch hohe Gräser mit viel sehr nassem Moos sind wir angekommen.
Auf einem großen Felsen, der am Ufer liegt, breiten wir unsere verbliebenen Vorräte aus, essen und genießen das Schauspiel um uns herum: Die Sonne, die sich im See spiegelt, die entfernt rauschenden Wasserfälle. Ab und zu fliegt ein Vogel auf, Insekten und Schmetterlinge künden vom nahenden Sommer.
Zum Schluß der Wegweiser: Aus Glengarriff fahrt Ihr in Richtung Castletownbere, dann die erste Straße rechts (ein großes Wohngebäude mit auffälligen länglichen Fenstern steht an der Abbiegung, die nach scharf rechts erfolgt). Danach immer der Straße folgend, bis sie sich gabelt - links führt der offizielle Wanderweg den Ring of Kerry entlang, wir folgen der Sraße rechts. Parken kann man gut am Nordufer des Sees auf der Wiese (Vorsicht, wenn es zu nass war - aber das ist sowieso ein Zeichen für schlechte Wanderbedingungen oben im offenen Gelände). Zu Fuß die Straße weiter, am Café vorbei (wo man mit Tipps gerne aushilft), dann zu einem Gatter auf der rechten Seite, hinter dem ein Geröllweg zu einem weiteren Gatter führt. Hinter dem zweiten Gatter links halten, unter den Rhododendron-Büschen hindurch. Der Weg sieht zeitweise aus wie ein Bachbett, was er wohl auch ist. An einigen Stellen muß man ein wenig aufpassen und/oder höhere Absätze überwinden. Dann folgt eine Weile der oben erwähnte angelegte (breitere) Pfad, bis zur ehemaligen Siedlung, und - etwas schmaler - darüber hinaus, bis man sich in der offenen Landschaft oberhalb der Baumgrenze selbst einen Weg sucht.
Viel Freude beim Erkunden dieser herrlichen Gegend!

Sonntag, 1. Mai 2016

"Jazz is not dead - it just smells funny!"

ein Post von Jens

Fotos von Fiona Walsh und Sigrid Berndt


Dieses Zitat von Frank Zappa wollte ich schon immer einmal irgendwo unterbringen..."Jazz is not dead - it just smells funny." Und zu welchem Anlass passt es besser als zu dem des Ballydehob Jazz Festival an diesem Wochenende? Insbesondere dann, wenn ein New Orleans style Funeral March eines der Highlights sein wird. - Doch keine Sorge: In dem Sarg liegt keine (übel riechende) Leiche; er wird leer durch die Straßen getragen!




















Schwer genug ist der Sarg auch ohne Inhalt. - Noch schwerer jedoch ist die Catrina, die ich auf dem March auf meinen Schultern trage.  "Catrina" bezeichnet eine Figur, die in Mexico traditionell am "Tag der Toten" durch die festlichen Straßen getragen wird. https://de.wikipedia.org/wiki/La_Catrina
Mit Hilfe eines auf sein Gestell reduzierten Reise-Rucksack trage ich ein Maschendrahtgerüst, auf das Stoff appliziert wurde. Auf einem oberhalb des Gerüstes herausstehenden Stock ruht der frei bewegliche Kopf. Dieser wurde auf einen Plastikkanister modelliert. Obwohl die einzelnen Materialen in Leichtbauweise konzipiert und ausgearbeitet wurden, ist das Ganze doch ganz schön schwer!
Durch den Stoff, den Dink hier gerade richtet, kann ich hindurch gucken.
An den Schultern der Katarina hängen ihre Arme, die durch Stangen und Fäden, die an den Gelenken befestigt sind, von Puppenspielern bedient werden. Mit den Bewegungen der Arme muss ich mich im Körper der Puppe dann ebenfalls bewegen, damit es später auch echt wirkt.
Unterhalb des Bauchteils der Puppe hängen wie ein Korsett vier Plastikringe, an denen schließlich der Rock befestigt ist.

Noch in den letzten Tagen vor dem Wochenende arbeitet eine Gruppe von Ehrenamtlichen fieberhaft an der Fertigstellung aller Einzelteile. Hinter der Catrina wird ein ebenfalls riesiger Fächer getragen werden, dessen Gerüst hier probegetragen wird,...
 ...und neben vielem Anderen möchten sogar Hinweisschilder für öffentliche Toiletten noch vorbereitet werden.
Wie üblich ist vieles erst am Tag der ersten Aufführung fertig geworden. Hier ein paar Fotos sowie ein Video vom March:
Die Puppetteers wirken gelassen - auf die Dauer werden aber auch die Stangen schwer.
Tessa
Louisa
Im Zentrum von Ballydehob
Catrina kann den Anwohnern fast in die Schlafzimmer gucken...
Natürlich sind auch die Jüngeren wieder einbezogen.
Und dann noch drei Fotos vom Sonntag:



 
Neben dem Funeral March ist auch das sonstige Programm nicht zu verachten. Auf http://www.ballydehobjazzfestival.org/ könnt Ihr nachgucken, wer dieses Jahr alles dabei ist. 
So - und jetzt gehen wir wieder hineinschnuppern... Jazz in Ballydehob just smells funny. - And fabulous!