Samstag, 5. Dezember 2020


Auf Wiedersehen!

Zum Abschluss des Jahres haben wir häufiger die schönsten Bilder der vergangenen Monate für Euch zusammen gestellt. Und auch dieses letzte Mal soll es das geben. Doch zuerst das Aktuelle und ein Dank an alle, die unser Leben in West Cork auf diesem Blog verfolgt haben. In 120 Posts haben wir seit dem Sommer 2013 von unserem Auswanderer-Leben berichtet. Wir hatten viel Freude daran, für Euch zu fotografieren und zu schreiben. Und es ist ja nicht zu Ende! - Wer weiter von unserem Leben im Südwesten Irlands erfahren möchte, bekommt auf Anfrage bei jens.ireland@posteo.ie regelmäßig am ersten Sonntag jedes zweiten Monats eine Mail von uns. Fotos wird es auch weiterhin geben, teils jedoch als Link zu Jens' Dropbox. Dieser Blog wird noch ein Weile online blieben, bevor wir ihn im nächsten Jahr aus dem Netz nehmen.

Nun zum November, der uns zum Ende hin freundlich gesinnt war. Während die erste Monatshälfte gefühlt die nasseste seit langem schien (Die Daten bei met.eireann bestätigen das für die Wetterstation auf der Insel Sherkin zumindest für die vergangenen vier Jahre), war die zweite Hälfte für einige Außenaktivitäten geeignet.
Im Spätherbst herrscht in den Gartencentern großer Andrang - der Grund: Die sogenannte "Bare Root Season". Jetzt kann man günstig vorgezogene Stauden, Büschen oder Bäume kaufen, die ohne Topf, also mit baren Wurzeln zu kaufen sind. Meist geht das Pflanzen recht einfach: Ein Spaten wird in die Erde getrieben, ein paar Mal hin und her gedreht, und dann wird in die entstandene Lücke die (vorher leicht gekappte) Wurzel der Pflanze eingeführt. Schließlich mit den Füßen feststampfen - fertig. Gedüngt wird erst im Frühjahr, und zu dieser Jahreszeit ist das Wässern meist obsolet (siehe oben).
Aber auch das Umpflanzen gelingt zu dieser Jahreszeit recht leicht, ist der Boden doch sehr locker - wenn es auch eine dreckige Angelegenheit sein kann, im Matsch zu stehen und Löcher auszuheben, die sofort mit Wasser voll laufen... Wir haben zwei Eichen umgepflanzt, die etwas zu dicht an Weg oder Sichtachse standen - jetzt stehen sie weiter unten am (sic!) Oak Path.
Apropos Pfad: Wir haben den letzten uns unbekannten Teil unseres Grundstückes erschlossen; ein neuer Pfad führt durch den tiefsten und damit feuchtesten Teil im Süden. Hier wachsen hauptsächlich Sumpfmyrte (Gagelstrauch) und Wassergräser, der kleine Bach - aus dem Nordwesten von der Mystic Willow entspringend - mäandert hindurch. An einigen Stellen plätschert es in Kaskaden hinter Brombeerbüschen und gewöhnlichen Weiden. Mittendrin jedoch ein einzelner Felsen mit Steilkante, wohl eine - durch eiszeitliche Auswaschung unterbrochene - geologische Fortführung des etwa 40 Meter nördlich gelegenen Felsenplateaus', das in unseren Compass Hill gipfelt. Auf diesem Inselfelsen wächst im sanft nach Westen abfallenden Hang viel Heide, am Fuße seiner steilen Ostseite eine Stechpalme mit feingezackten Blättern und zu unserer Überraschung ein Rhododendron - der einzige weit und breit; hat den mal jemand dort hingepflanzt?
Wir wissen nicht, ob wir uns wirklich über diesen neuen Freund freuen sollen. Andererseits ist der Busch weit genug weg von unseren "Garten"-Anlagen, wo wir ihn auf keinen Fall haben möchten. Wir haben Orte in Irland gesehen, wo der Kampf gegen Rhododendren aussichtslos erscheint und im Vergleich zu dem gegen Brombeeren, Farn und Stechginster - episch!

Der Rhododendron ist rechts unterhalb der Stechpalme zu sehen.


Blick vom Felsen nach Nordost - im Hintergrund das Haus


Der Pfad auf den Mount Gabriel?

Noch einen weiteren neuen Weg haben wir uns für diesen Winter vorgenommen; auf der Suche nach einem Standort für eine mögliche Windkraftanlage hatten wir vor drei Jahren nördlich der langen Weidenreihe einen Weg angelegt, der seitdem in eine Sackgasse mündet. Diese soll bald mit dem "Heather Path" verbunden werden - doch dazu ein anderes Mal mehr.
Das dritte Projekt ähnlicher Art ist mit dem Wunsch verbunden, den höchsten Punkt des Grundstückes attraktiver zu machen. Er befindet sich nämlich direkt oberhalb des Gewächshauses und ist bisher überwachsen mit dem Üblichen: Stechginster, Farn und Brombeere. Mal sehen, was sich dort etablieren läßt - auf jeden Fall ist es schon einmal ein schöner Aussichtspunkt, zu dem wir auch vom Haus aus noch nicht einmal weit laufen müssen.
Jack lauert auf ein futtersuchendes Rotkehlchen.

Und noch ein weiterer Teil - überwachsen mit, na, Ihr wißt schon, soll im kommenden Halbjahr erschlossen werden; auch hier, auf einer sanft abfallenden, windgeschützten Tiefebene mitten auf dem Grundstück werden wir erst im Frühjahr das Potenzial beurteilen und Euch Genaueres berichten können.
Bleibt an Projektberichten der Verweis auf unseren Gewächshaus-Vorplatz und die Verblendung des Felsenbeetes, die wir im November abschließen konnten.
Für das kommende Jahr haben wir noch Ideen, die Lücke zwischen Hochbeet und Gewächshaus-Vorplatz zu schließen, aber für den Winter haben wir den Zementmixer erst einmal "eingemottet".

Unsere Katzen - und damit kommen wir zum Schluss - entwickeln sich unterschiedlich. Während die inzwischen sehr große und kräftige Jule viel allein unterwegs ist und nur noch ab und zu auf einen Spaziergang mitkommt...
... ist unser kleiner Jack auf der einen Seite sehr anhänglich und macht es sich eigentlich bei jeder sich ihm passenden Gelegenheit auf einem von uns bequem...
... er kann aber auch immer noch hervorragend klettern und jagt uns schon einmal einen Schreck ein, wenn er einige Meter über uns in dünnsten Ästen turnt - völlig gelassen.
Und so ein gelassenes Dasein wünschen wir uns und Euch ebenfalls. 
Habt eine schöne Adventszeit und eine verheißungsvolle Sonnenwende!

Mal wieder Horse (links) und Castle Island (rechts)

Eine der vielen Paletten, auf denen wir Lieferungen erhalten


Gesehen am Lough Derg

Die Mündung der Ballydehob Bay

Frostiger Morgen am "Fruit Field"

Danno hat einen Kollegen gefunden.

Unser Bach

Fundstück in Ballydehob

Und nicht vergessen: Mehr von uns? - Mail an Jens!

Sonntag, 1. November 2020

Herbstfreuden

Zu Anfang ein Hinweis: Dieser Post wird der vorletzte sein, den wir veröffentlichen. Danach mailen wir regelmäßige Updates von unserem Leben in Irland - wie bisher, allerdings nur noch alle zwei Monate - jeden ersten Sonntag. Wer daran interessiert ist, uns weiter zu folgen, schreibe bitte eine Mail an jens.ireland@posteo.ie.

Was der Sommer oft nicht halten konnte, bescherte uns die erste Hälfte des Oktobers: Überwiegend beständiges Wetter. Zum Schluss wurde es etwas kühler, auch mal sehr nass und windig... aber es gab vorher einen richtigen Indian Summer; wobei auffallend war, wie grün immer noch die Bäume sind  und wieviele Blüten noch oder wieder (wie zum Beispiel Löwenzahn) zu sehen waren. Aber es ist ja eigentlich nichts Neues für den Südwesten Irlands, dass der Herbst spät anfangen und der Winter gar nicht erst eintreten kann. Mal sehen, wie es dieses Mal wird...

Voraus die "Jane Paul", das Falmouth Work Boat unseres Freundes Thomas

Segeln waren wir ein letztes Mal im September. Die Godenwind haben wir wegen Corona und der beiden Reisen (Jens' Überführung im Juli/August, unsere Shannon-Tour im September) gar nicht erst ins Wasser gebracht. Und die moonchild ist Mitte Oktober das erste Mal seit eineinhalb Jahren wieder aus dem Wasser gekommen.

Jetzt, da wir uns entschlossen haben, sie zu einem hoffentlich guten Preis zu verkaufen, haben wir die Gelegenheit beim Schopfe genommen und das Angebot eines guten Freundes angenommen und sein Angelboot gekauft - samt Außenborder, Trailer und seiner Muringboje in einer ganzjährig geschützten Ecke der Rossbrin Cove. So ist also zumindest ein stabiles Boot zum Angeln, Auf-Den-Strand-Irgendeiner-Der-Carbery-Hundred-Islands-Ziehen und auch sonst Spaß-Haben vorhanden. Natürlich bleibt uns auch noch die Godenwind zum Segeln...

Jack träumt von den Makrelen, die wir fangen werden...

Große Freude machen uns nach wie vor unsere beiden Katzen. Sie sind ordentlich gewachsen, und von Jule sagte der Tierarzt vor kurzem, sie sei eine "powerful cat". Sie jagt viel und erfolgreich, und am Futternapf sticht sie Jack meistens aus. Unser "Kleiner" hat andere Qualitäten: Er hält sich - im Unterschied zu Jule - aus Nachbarschafts-Kämpfen heraus und ist sehr anhänglich. Mit Jule dagegen sind wir innerhalb weniger Wochen zwei Mal beim Tierarzt gewesen... Nichts Schlimmes - aber doch immer mit ein wenig Sorge verbunden.

In Arbeitsteilung: Sigi, Jule, Jack

Sorgen ganz anderer Art müssen sich die Geschäftsleute in Ballydehob machen. Durch den erneuten Lockdown haben die zwei Pubs, die gerade erst wieder geöffnet hatten, bereits nach wenigen Wochen wieder schließen müssen. Die anderen Pubs haben gar nicht erst wieder geöffnet, und es bleibt ungewiss, ob sie es jemals wieder tun werden (können).
Der Bioladen hat die ganze Zeit über auf gehabt, aber die Küche war geschlossen - somit ist eine Einnahmequelle dort bis auf Weiteres weggefallen.
Etwas besser geht es dem Restaurant Budds, das sich hoher Beliebtheit erfreut. Trotzdem sind die normalen Besucherzahlen nur während während der Touristensaison erreicht worden. Jetzt herrscht wieder Besuchsverbot, und lediglich nach telefonischer Bestellung werden Gerichte zum Mitnehmen verkauft. Getränke bekommt man weiterhin im Vorbeigehen...
Die beiden Friseure im Ort (die wohl vor allem als Neuigkeiten-Börse fungieren) mussten auch wieder schließen - ob sie den neuen Lockdown überleben werden ist ungewiß.
Alle anderen Geschäfte (Juwelier, Mini-Kaufhaus, Galerie, Tourist-Office) sind weniger hart getroffen, weil sie ohnehin nur tageweise und/oder auf Anfrage geöffnet hatten.
Aber, was den Ort immer ausgemacht hat, kommt jetzt fast gänzlich zum Erliegen: Das öffentliche Leben findet eigentlich nur noch vor der Post und der Tankstelle statt, deren Öffnungszeiten sich das ganze Jahr über nicht geändert hatten. Doch gerade mit dem Beginn der Winterzeit wäre eine Belebung des Ortes nötig, um den Menschen in der Umgebung ein Gemeinschafts-Gefühl zu geben.
Wir können uns trotzdem beglückwünschen, dass wir dort leben, wo wir sind. Unser Grundstück ist groß, und wir haben einige schöne Aussichten in die Täler drumherum - was uns das Gefühl einer gewissen Erhabenheit verleiht. Und nur 20 Minuten weg haben wir Meerblick... wir "müssen" dafür nur über einen Fluss und ein paar Hügel hoch kraxeln.

Hier (Foto oben und unten) haben wir uns neben einer grandiosen neuen Aussicht ins Tal einen Sonnen-Zugewinn für die Hochbeete geschaffen. Unsere Nachbarin (südlich unterhalb der Weiden lebend) war nicht begeistert, als sie mitbekam, dass wir die für sie einen schönen Hintergrund bildenden Weiden kappten - wir konnten jedoch ins Feld führen, dass sie schnell wieder ausschlagen werden; und außerdem haben jetzt zwischen den Weiden eine Haselnuss, zwei Ilexe und ein paar Weißdorne bessere Chancen.

Ebenfalls zu etwas mehr Licht haben wir dem Gewächshaus verholfen - was es auf dem Foto so erstrahlen läßt, ist allerdings die Morgensonne.

So, das soll es für heute gewesen sein. Wir werden auch zum Ende des Jahres hin keine Langeweile haben; neben dem neuen Boot, das im Schuppen aufgehübscht wird, und unseren Garten, der nach wie vor Salat und Gemüse produziert, gibt es diverse Projekte, die wir uns für den Winter vorgenommen haben: Möbel Bauen, die Küche endlich mit den fertigen Schubladen ausstatten, die "terra incognita" auf dem Grundstück weiter erkunden, bestehende Pfade verbessern...

Für die Pausen zwischendurch haben wir uns schon einmal eine Bank ungefähr in die Mitte des Grundstücks gebaut (siehe Foto unten).






P.S. Wir haben endlich einen Anbieter gefunden, der uns mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt.

P.P.S. Die rebellische Seite unserer Subkultur hat sich zu Halloween mal wieder zu erkennen gegeben!

©Jason X. Lee

Sonntag, 4. Oktober 2020

Eine Shannon-Geschichte

Anfang September haben wir etwas für uns sehr ungewöhnliches getan: Wir sind zehn Tage MOTOR-Boot gefahren!

Die Geschichte dazu: Seitdem wir in Irland leben, haben wir unsere Jolle ausschließlich in der Roaring Water Bay und zwei Mal in der Bucht von Glandore gesegelt. Wir wollten aber immer schon einmal wissen, wie es wäre, auf dem Shannon und vor allem auf seinen angrenzenden Seen zu segeln; bevor wir jedoch die Mühen auf uns nehmen würden, die "Godenwind" einen halben Tag oder länger durch Irland zu trailern und dann womöglich enttäuscht zu werden, haben wir unseren - nebenbei bemerkt, ersten richtigen - Irland-Urlaub auf einem kleinen Motorboot der Carlow-Klasse gebucht. Es gibt verschiedene Anbieter für Mietboote über den Shannon verteilt, und der uns passende Start-Punkt wurde Banagher im County Offaly, ziemlich in der Mitte Irlands gelegen.

Dort angekommen, wurden wir kurz in das Boot eingewiesen, inklusive einer Runde unter der beeindruckenden Brücke mit noch beeindruckenderer Strömung hindurch. Danach war uns nach Sofort-Losfahren. Man muss dazu wissen, dass die Boote zwar mit allerlei Komfort ausgestattet sind; aber sie bieten keinerlei Navigationshilfen, nicht einmal die an und für sich vorgeschriebene Beleuchtung. Es war schon gegen Abend, als wir uns trotzdem entschlossen, bis nach Shannonbridge nordwärts zu fahren. Und es wurde tatsächlich bereits dunkel, als wir dort ankamen... Auf dem Weg dorthin stellten wir zudem fest, dass auf dem Fluss ebensowenig beleuchtete Navigationsmarken - zumeist Pfeiler mit roter und grüner Beschilderung - zu finden sind.


Nun, gut - das uns ausgehändigte Kartenmaterial hatte uns davon abgeraten, nach Anbruch der Dunkelheit zu fahren, und wir kamen nicht noch einmal in Versuchung.

Immerhin hatten wir schon einmal ein paar Erkenntnisse für die weitere Reiseplanung gewonnen: 1. Das Boot fuhr nicht sonderlich schnell, maximal vielleicht 6 Knoten durchs Wasser. 2. Vom letzteren führte der Shannon zur Zeit sehr viel, teilweise weit über sein Flussbett hinaus - die erwähnten Pfeiler sollten sich als sehr hilfreich erweisen. 3. Die Strömung war - wie in Flüssen üblich - am Prallhang einer Kurve stärker als am Gleithang. Und der erste Eindruck von der starken Strömung bei der Brücke bei Banagher sollte sich nicht noch einmal bestätigen. Wir schlossen aus den Beobachtungen des ersten Abends, dass wir mit etwa 4 bis 5 Knoten Reisegeschwindigkeit stromaufwärts rechnen konnten. Wir nahmen uns nichts Konkretes als Reiseziel vor, doch insgeheim hofften wir, bis zum Lough Erne kommen zu können.

Doch erst einmal genossen wir die Landschaften am mittleren Shannon-Lauf.


Wie erwähnt, gab es viele überflutete Wiesen, aber auch einige angeschwollene Seitenarme, die zum Befahren einluden; leider unterschieden die uns zur Verfügung stehenden Karten nur zwischen flach (blau gekennzeichnet) und tief genug (weiß). Tipp für den Shannon-Navigator: Ein Garmin-Gerät hat mehr Informationen bereit!



Aber, wir hatten ja genug Wasser zur Verfügung! - Apropos Wasser: Trinkwasser bekommt man fast überall, wo Anlegestellen zu finden sind; wir bevorzugen jedoch gegenüber dem bekannt verchlorten Leitungswasser jenes aus dem Supermarkt - und so deckten wir uns immer wieder neu damit ein.

So auch am zweiten Abend, nach dem längsten Tagespensum der ganzen Reise. Doch der Reihe nach: Kurz nach Shannonbridge kommt man zum wahrscheinlich bekanntesten Ort am Shannon - der frühchristlichen Klosteranlage von Clonmacnoise. Dort blieben wir jedoch nur für eine Frühstückspause; die Besichtigung wollten wir uns für die Rückfahrt aufsparen. Stattdessen tuckerten wir weiter flussaufwärts; wir waren gespannt auf unseren ersten See, den Lough Ree! Vorher mussten wir jedoch unsere erste Schleuse hinter uns bringen, die bei Athlone, dem geografischen Mittelpunkt Irlands wartete; die Stadt interessierte uns nicht sonderlich, und nur wenig später waren wir auf dem See... den wir jedoch kurz darauf wir verließen; wir hatten auf der Karte im äußersten Südosten des Sees ein Anhängsel entdeckt, das Lough Killnure - und dort ein weiteres Anhängsel, das Coosan Lough. Auf der Karte sah die Einfahrt dort hinein recht schmal aus - und... das ist sie auch! Zu beiden Seiten trennten uns bei der Einfahrt kein ganzer Meter vom Ufer oder dem dichten Bewuchs mit Wasserpflanzen.


Nach einer Mittagspause vor Anker verließen wir die Bucht wieder, und nun ging es wirklich auf den See hinaus. Zum Segeln scheint er uns übrigens optimal geeignet; keine hohen Berge rundherum beeinflussen das Mikroklima, und es gibt genug Platz (vermutlich auch auf den als zu flach/blau ausgewiesenen Flächen). Immerhin sahen wir auch einige größere Yachten am Ufer vor Anker liegen - vermutlich mit Hubkiel ausgestattet. Am liebsten war uns aber der Anblick einer Regatta von Holzbooten in der Größe unseres Zugvogels. Die Klasse Shannon One Design segelt auf allen drei großen Seen des Shannon, und es gibt sogar eine Regatta vom Lough Ree zum im Süden liegenden Lough Derg!


Wir zogen weiter gen Norden, und nach 64 Tageskilometern hatten wir den Norden des Lough Ree erreicht. Übernachtet haben wir dann im Hafen von Ballyleague. Das interessanteste, was man über diesen Ort sagen kann: Am Westufer des Shannon liegend, gehört er zum County Roscommon und zur Provinz Connacht. Gleichzeitig gehört er als Stadtteil zum am östlichen Ufer liegenden Ort Lanesborough - welcher wiederum nicht nur zu einem anderen County (Longford) und einer anderen Provinz (Leinster) gehört, sondern zudem eine getrennte römisch-katholische Diözese und ebenso getrennte römisch-katholische Gemeinde aufweist.

Schon am nächsten Tag sollten wir in einem anderen County übernachten - in Leitrim, genauer in Carrick-on-Shannon. Hier waren wir das erste Mal zu Essen Abends aus - im Hotel "Bush"; wir empfehlen jedem Irland-Reisenden, das Dinner in einem angestammten Hotel einzunehmen, und auch dieses Mal wurden wir wieder nicht enttäuscht.

Wenn es überhaupt etwas zu meckern gibt, dann es doch immer das Wetter; aber eigentlich konnten wir uns nicht beklagen: Es war nicht zu heiß, nicht zu nass, nicht zu kalt, und auch nicht zu windig. Aber ein bißchen mehr Altweibersommer hätte es inzwischen schon einmal sein können. Wenigstens waren wir vor allen Unbilden geschützt; das Steuerhaus erwies sich meistens als sehr praktisch, - nur morgens konnten wir ab und zu schlecht durch die beschlagenen Scheiben sehen. Am vierten Tag jedoch mussten wir das schützende Steuerhaus öfter verlassen - insgesamt 9 Schleusen waren zu passieren; es hätten auch noch ein, zwei mehr werden können - doch dazu waren wir einfach zu spät losgefahren. Das besondere an diesen Schleusen: Wir mussten sie selbst bedienen!


Es dauerte ein paar Schleusen, bis wir ein perfekt aufeinander abgestimmtes System erarbeitet hatten: Vor der Schleuse kurz anlegen, Sigi übersteigen lassen, Einfahren in die offene Schleuse (oder Warten, bis Sigi die Schleuse öffnen kann - wenn der Wasserstand auf den gleichen Level wie draußen zu bringen ist), Übergeben der Achterleine, dann der Vorleine, Schließen der Schleuse, Angleichen des Wasserstandes zur Ausfahrt-Seite, Öffnen der Schleuse, Ausfahren, Sigi wieder übernehmen (nachdem sie bei einigen Schleusen das obere Tor wieder schließen musste).
Zum Schluss haben wir ein Schleusung in weniger als 5 Minuten hinter uns gebracht, inklusive Kaffee-Trinken am Bedienpult. 


Alles geht übrigens elektronisch vor sich, mit Hilfe einer Karte, die vorher das Pult freischaltet. Wenn man sich vertippt, kann es einem schon passieren, dass man das Wasser ein- statt abläßt :-)
Auf diese Weise näherten wir uns langsam dem Ende des Shannon-Waterway, aber noch lange nicht dem Lough Erne. Die Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem engen Kanal tat ihr übriges dazu, dass wir am Abend des vierten Tages "nur" bis zum kleinen Ort Keshcerrigan kamen. 

Jetzt hatten wir noch sechs volle Tage vor uns. Für einen Tag auf dem Lough Erne jedoch würde die Zeit nicht mehr reichen. Bis zum Erne waren es noch weitere 8 Schleusen, und vor allem eine mehr als doppelt so lange Strecke wie die gerade erst zurück gelegten 18 Tageskilometer seit Carrick-on-Shannon. 
Wir machen uns also am nächsten Tag wieder auf den Rückweg durch den Shannon-Erne-Waterway - nicht allein mit dem Ziel, auch noch Lough Derg ein wenig zu erkunden, sondern auch ein paar Abstecher zu machen. Der erste führt uns auf den Lough Key, ein wunderschön gelegener See im County Roscommon. Hier schlägt nicht nur das Motorboot-Fahrer-Herz höher, sondern auch das des Ballsportlers.

An den Ufern des Shannon - oder wie hier - des Boyle Rivers zum See hinauf (dieses Mal nur eine Schleuse, vom Wärter bedient) finden sich einige Golfplätze. Zivilisation kommt nicht nur in Form der durchfahrenen Orte, (niedrigen) Brücken und Schleusen vor. Überwiegen tun aber doch die flachen Wiesen und Weiden. So manches ruft Erinnerungen wach an Norddeutschland und seine Wasserläufe. Wir fühlten uns erinnert an Elbe-Nebenfahrwasser, an Este, Springe, Stör oder auch Finkenwerder. Anderorts könnte man eine bisher unentdeckte Stelle an der Schlei oder der Flensburger Förde vermuten.
Wirklich überrascht waren wir aber von diesem Anblick; ein häßlichgrauer Turm mitten im Wald?! - wozu mag der da sein?

Wenig später fanden wir es heraus: Der Aussichtsturm wurde gebaut, als das an seiner Stelle ursprünglich stehendes Estate abgerissen werden musste. Heute ist das Monstrum das Zentrum des Lough Key Forest Parks, den wir für Waldspaziergänge unbedingt empfehlen können. 
Eine gigantische Eibe mit ihren Ausläufern

Ob der Turm wirklich sein muss, kann diskutiert werden, aber die Aussicht von dort ist schön.
Unser Liegeplatz für die Nacht lag direkt am Wald auf der äußeren von zwei durch Brücken verbundenen künstlichen Inselchen, und das erste und einzige Mal waren wir ganz für uns (wenn man von ein paar Spaziergängern absieht). 
Es fiel uns am nächsten Morgen nicht leicht, von Drummans Island und den angrenzenden Wäldern Abschied zu nehmen - zumal auch das Wetter allmählich besser geworden war. Ein technisches Problem trieb uns jedoch weiter: Der Kühlschrank hatte sich eigenständig abgeschaltet; nach dem Starten des Motors zeigte ein Blick auf das (ansonsten wenig auskunftsfreudige) Motordisplay den Grund an: Die Batterie-Spannung war weit unter 12 Volt gefallen. Ein weiterer Blick in den Maschinenraum offenbarte die Gegenwart von drei Batterien (vermutlich Starter-, Verbraucher- und eine Batterie für die ab und an selbstständig anspringende Bilgenpumpe). Nun, Carrick-on-Shannon lag nicht weit weg, und so fuhren wir dort schleunigst hin, ließen vom dort ansässigen Service der Verleih-Firma die Batterien austauschen und fuhren weiter Shannon-abwärts.
Hatten wir am Morgen noch das Wetter gelobt, bescherten uns Nachmittag und Abend viel Wind und immer wieder Schauer. Richtig herbstlich war es, als wir - neben einer ganzen Reihe von Schutz suchenden Booten - Dromod erreichten. Unseren Nachmittags-Kaffee nahmen wir wieder einmal in einem Hotel ein, den Besuch der örtlichen Attraktion - eine Schmalspur-Eisenbahn-Strecke mit Museumszug - ließen wir aus.
Ebenso übergingen wir am letzten und am kommenden Tag den Besuch einiger Seitenarme des Shannon. Stattdessen tankten wir ein weiteres Mal im Ort Roosky, dessen einzige Attraktion für uns in der Hubbrücke lag, deren museal bedeutende Dienste wir allerdings nicht nötig hatten.
Ein regnerischer Vormittag ging in einen Nachmittag über, der für die erneute Überfahrt des Lough Ree Schauerböen, aber auch allmählich aufklarendes Wetter in petto hatte. Als wir schließlich im Hafen von Hodson Bay landen, die im Internet nur in Verbindung mit dem direkt am Hafen liegenden Hotel zu finden ist, war es richtig sommerlich geworden. Zum Glück beschränkte sich das geschäftige Freitag-Nachmittag-Treiben auf den angrenzenden Golfplatz und die auf der Hotel-Webseite besonders beworbene "weltweit größte" Wasserrutschen-Spiel-Landschaft. Auch im Hotel selbst, wo wir nicht nur eine hervorragende, riesige Menge an Apfeltarte serviert bekamen sondern zwei Stunden später auch mal wieder lecker zu Abend aßen, herrschte eine angenehm ruhige Atmosphäre. Laut Aussage eines Bootsnachbarn eine große Ausnahme...
Nichts hielt uns also weiter am nächsten Morgen, und der bisher schönste Tag führte uns erneut durch Athlone und einige Zeit später an den Anleger bei Clonmacnoise - Ihr erinnert Euch? Leider wurde aus dem Klosterbesuch nichts - wir hätten online buchen müssen; unsere Handys sind dafür nicht ausgestattet, Internet gab es keines. Also gingen wir nur für eine Stunde um das weitläufige Gelände herum, machten ein paar Aufnahmen...


...und fuhren dann weiter.
Und wir fühlten die richtige Entscheidung getroffen zu haben; kein tourismusförderndes (bzw. in unserem Falle behinderndes) Konzept kann uns so sehr anregen wie etwas selbst Entdecktes. Okay - wir hatten den River Suck empfohlen bekommen; aber auf den ersten Blick bietet er nichts Besonderes. Auch die Stadt Ballinasloe an seinem schiffbaren Ende hat wenig anziehendes. Aber dann entdeckt man den Fluss selbst. Seine Schönheit springt einen nicht an. Erst auf den zweiten Blick enthüllt er seine Attraktionen. Und - er ist wenig befahren, was zusätzlich zur Entspannung beitrug.

Mit der Entspannung war es am Anfang der Rückfahrt für einen Moment vorbei: Plötzlich piept es entsetzlich laut in unserem Boot! Die Maschine ist scheinbar überhitzt, und das Warnsignal soll uns davor bewahren, noch zusätzlich Fehler zu begehen. Wir erklären den zum Glück nach kurzer Zeit ersterbenden Krach damit, dass wir nach dem Ablegen und Einbiegen in den reißenden Strom des Suck zu früh Gas gegeben haben. Das hätte auch noch gefehlt, an einem so sonnigen Tag! - Und an einem, an dem wir noch weit kommen wollten. Unser Ziel war der Lough Derg, über 50 Kilometer entfernt.
Wir genossen den Suck ein zweites Mal, und aus unseren Tagträumen wurden wir erst durch den erneuten Anblick des Kraftwerks Shannonbridge geweckt. Das Werk ist das größte in Irland mit Torf betriebene, mit einer Kapazität von 150 Kilowatt. Da der Abbau von Torf in diesem Jahr gesetzlich verboten wird, darf man gespannt sein, was aus dem gigantischen Komplex einmal werden soll. Immerhin gibt es sogar etwas wie Werktourismus, inklusive Schmalspurbahn und Besucherzentrum.
Kurze Zeit später passierten wir den Ausgangspunkt der Reise und wurden mit der starken Strömung unter der Brücke von Banagher hindurchgespült. Rechenaufgabe gefällig? Wenn der Strom in Banagher geschätzte 3 Knoten stark ist, das Boot maximal sechs Knoten läuft und die Strecke bis zum ersten verfügbaren Hafen im Lough Derg 27 Kilometer (!) beträgt - wie lange wird es brauchen, die Strecke stromaufwärts (!) bis Banagher zurück zu legen? Einberechnet werden müssen zusätzlich eine Schleuse (ca. 10 Minuten) und die Brücke bei Portumna, die für den Wasserverkehr nur zu festen Zeiten öffnet. Letzteres war uns heute das einzig Wichtige. Für die 15-Uhr-Öffnung hätten wir uns schon Morgens beeilen müssen; die nächste Öffnung war erst für 17.30 Uhr vorgesehen. Die Schleusen haben eine Mittagspause von 13 bis 14 Uhr. Für die einzige Schleusung heute peilten wir an, nach der Pause am Victoria Lock zu sein. Und da die Strömung ja bekanntermaßen kräftig half, konnten wir heute einmal mit niedrigster Drehzahl gut voran kommend die Gegend genießen. Die Strecke zwischen Banagher und Portumna verlockt einen eigentlich zum Verlassen der betonnten Strecke. Der Shannon spaltet sich immer wieder in Nebenarme auf, und auf Google Maps sahen die interessant genug für Abstecher oder eine Ankerpause aus, aber leider hatten wir ja nur die oben beschriebene Karte.

Immerhin bewegten wir uns heute nicht nur in drei verschiedenen Countys (Galway, Offaly und Tipperary), sondern auch in drei verschiedenen Provinzen: Zu Connacht im Nordwesten und Leinster im Osten kam jetzt unsere Heimatprovinz Munster hinzu. Einzig Ulster hatten wir auf unserer Reise knapp verpasst. Von den 23 irischen Couties hatten wir mit 7 knapp ein Drittel besucht - potentiell kann man auf den Flüssen und Kanälen zwischen Atlantikküste (Shannonmündung zwischen den Counties Clare und Limerick, Erne-Mündung im County Donegal, Bann-Mündung im County Londonderry), der Irischen See (entweder in den nordirischen Belfast oder Newry sowie in Dublin) und der keltischen See bei Waterford bis auf wenige fast alle Counties durchfahren.
Unsere Zeit auf dem Wasser ging jedoch dem Ende entgegen. Ein Highlight hatte sie allerdings noch zu bieten: Der beste Hafen des Ortes Portumna liegt am Nordufer des wunderschönen Lough Derg. Der See allein ist einen längeren Aufenthalt wert, und auf unserer Rückfahrt sind wir mit dem Auto an seiner - uns vorher unbekannten - Westküste entlang gefahren.
Doch noch war unser Bootsurlaub nicht zu Ende. Direkt am Hafen von Portumna liegt ein großes Waldgebiet, das zu ausgedehnten Spaziergängen einlädt. Wir haben dort Rehe gesehen. Eine alte Abtei und ein Schloss gibt es ebenfalls zu besichtigen. Und der nahe Ort passt in seiner ruhigen Atmosphäre zu allem gut dazu. Es ist schwer auszudrücken, aber irgendwie hatte diese Gegend den bleibenden Eindruck hinterlassen, hierher noch einmal zurückkehren zu wollen.

Im Vordergrund eine Barge, seit 8 Jahren ununterbrochene Heimat einer Londonerin mit ihren beiden Golden Retreavern
Im Vordergrund die Barge einer Londonerin, die seit 8 Jahren mit ihren beiden Golden Retrievern auf dem Wasser lebt.

Zu unserer Charterbasis mussten wir ersten am übernächsten Morgen zurück, und so entschlossen wir uns - nach einem sonnigen Waldspaziergang und einem Kaffee im Schlossgarten - die Nacht ein kleines Stück nördlich von Banagher zu verbringen. Die Rechenaufgaben des Vortages ergaben, dass wir mit der Brückenöffnung um 15 Uhr auch gegen den Strom unser Ziel noch vor Dunkelheit erreichen würden. Womit wir allerdings überhaupt nicht gerechnet hatten, war der uns begleitende Dauerregen am Nachmittag. Egal - wir saßen ja in unserem geschützten Steuerhaus. - Viele andere Charterboote sind mit zwei Steuerständen ausgerüstet - und uns erstaunte immer wieder, dass bei Wind und Wetter fast ausschließlich im Freien gesteuert wurde... wahrscheinlich müssen die alle erst mal ein paar Dutzend Segelsaisons auf Nord- und Ostsee hinter sich bringen, bevor sie die Annehmlichkeiten des Unter-Deck-Steuerns so richtig zu schätzen wissen.😄
Unsere letzte Nacht verbrachten wir vor der ersten Schleuse zum Grand Canal. Uns erschien der erste Kilometer des Kanals wie eine Art Abstellgleis für viele Motorboote - irgendwo im Nirgendwo. Die Stimmung war sehr friedlich, und außer ein paar Anglern begegneten wir niemandem. Zur Abwechslung gab es noch einmal eine Nacht ohne Laternen, die uns die Kabine ausleuchteten. Der Regen hatte aufgehört, im Hintergrund plätscherte das Kanalwasser in einem fort über das Schleusentor und uns in den Schlaf.

P.S. Jens hat eine neue e-Mail-Adresse, unter der er ab sofort (und ab Januar 2021 ausschließlich) zu erreichen ist. Unumgänglich ist deswegen, dass dieser Blog in dieser Form ebenfalls ab nächstes Jahr nicht mehr weiter geführt wird; weitere Details folgen.